Viele Menschen mit Leberzirrhose nicht fahrtüchtig
Verfasst: Di 3. Apr 2012, 20:46
Bei Menschen mit chronischen Lebererkrankungen ist häufig die Fahrtüchtigkeit herabgesetzt, warnt die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Denn wenn die Leber das Blut nicht reinigt, gelangen Gifte in das Gehirn. Diese sogenannte hepatische Enzephalopathie mindert unter anderem Konzentration und Aufmerksamkeit. Darauf weist die DGIM hin. Neueste Erkenntnisse aus der Hepatologie sind ein Thema des 118. Internistenkongresses der DGIM, der vom 14. bis 17. April 2012 in Wiesbaden stattfindet.
Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland sind leberkrank. Der Verlauf ist häufig chronisch und am Ende steht nicht selten eine Vernarbung der Leber, die Zirrhose. „Die Patienten leiden dann nicht nur unter den Einschränkungen der Leberfunktion“, sagt Professor Dr. med. Dieter Häussinger von der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Denn die Zirrhose wirkt sich auch auf andere Organe aus: „Betroffen ist zum Beispiel auch das Gehirn“, erläutert der Experte: „Die Leber ist bei einer Zirrhose immer weniger in der Lage, Ammoniak und andere Substanzen aus dem Blut zu entfernen.“ Die Gifte stammen ursprünglich aus dem Darm, wo sie von Darmbakterien abgesondert werden. Über den Blutweg gelangen sie ins Gehirn.
„Viele Patienten mit Leberzirrhose entwickeln eine hepatische Enzephalopathie“, sagt Professor Häussinger. Der Beginn sei in der Regel schleichend. Anfangs sei die Konzentration gestört, die Aufmerksamkeit lasse nach, die Reaktionsfähigkeit nehme ab. Häufig ist auch die Feinmotorik gestört. Dies zeigt sich am starken Zittern der Hände. Bereits im Frühstadium ist bei vielen Patienten auch die Fahrtüchtigkeit herabgesetzt. „Unsere Studien haben gezeigt, dass Menschen mit hepatischer Enzephalopathie häufiger Fahrfehler begehen als andere, jedoch kann im Einzelfall die Fahrtauglichkeit trotzdem erhalten sein“, erläutert Häussinger, der im Rahmen des 118. Internistenkongresses die von ihm geleiteten Sonderforschungsbereiche 575 „Experimentelle Hepatologie“ und 974 „Leberschädigung und Regeneration“ sowie die Klinische Forschergruppe 217 „Hepatobiliärer Transport“ vorstellt.
Für den Experten steht fest, dass die hepatische Enzephalopathie für zahlreiche Verkehrsunfälle verantwortlich ist, auch wenn die Erkrankung in den Unfallstatistiken praktisch nicht auftaucht: „Exakte Zahlen über Verkehrsunfälle von Leberkranken gibt es in Deutschland nicht.“ Zwar machen Leitlinien für Erkrankungen wie Diabetes oder Epilepsie klare Vorgaben zur Teilnahme am Straßenverkehr. Leberzirrhosepatienten sind nach derzeitiger Gesetzeslage nur bei „Dekompensation mit Bauchwasserbildung“ fahruntüchtig. „Als Ärzte müssen wir dieses Problem wahrnehmen und den Patienten vermitteln, dass sie sich selbst und andere gefährden, wenn sie ihre Erkrankung ignorieren“, sagt DGIM-Präsident Professor Dr. med. Joachim Mössner vom Universitätsklinikum Leipzig. Oft sehen Patienten dies jedoch nicht ein. Auch dies könnte Folge der schleichenden Hirnvergiftung sein, die häufig mit einer Wesensveränderung einhergeht.
„Wir raten Patienten dringend, die Erkrankung frühzeitig zu behandeln. Eine effektive Therapie ist heute durch Laktulose und Antibiotika möglich“, sagt Professor Mössner. Der synthetische Zweifachzucker begünstigt das Wachstum von Darmbakterien, die Milchsäure statt Ammoniak produzieren. Laktulose beschleunigt zudem die Darmpassage und führt zu einer sogenannten osmotischen Diarrhoe. Dadurch bessere sich der Schweregrad der Enzephalopathie. Bei akutem Eiweißanfall im Darm, etwa durch Blutungen, helfen auch Laktuloseeinläufe. „Diese wirken wahrscheinlich eher über das Hervorrufen der Diarrhoe als über Stimulation der Laktobazillen“, sagt Professor Mössner. Ein Antibiotikum tötet schließlich die schädlichen Darmbakterien gezielt ab. Beide Mittel gelangen nicht vom Darm ins Blut. „Die Therapie kann ohne größere Risiken über längere Zeit fortgesetzt werden“, sagt Professor Mössner. Eine frühe Therapie sei vor allem deshalb wichtig, weil die Hirnschäden oft nicht umkehrbar sind – und auch die Fahrtauglichkeit gehe dauerhaft verloren.
Literatur: Gerald Kircheis, Anja Knoche, Norbert Hilger, Frank Manhart, Alfons Schnitzler, Horst Schulze, Dieter Häussinger. Hepatic Encephalopathy and Fitness to Drive. Gastroenterology. 2009; 137: 1706–15.e1-9;
Quelle: http://www.journalmed.de, Beitrag vom 5.3.2012
Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland sind leberkrank. Der Verlauf ist häufig chronisch und am Ende steht nicht selten eine Vernarbung der Leber, die Zirrhose. „Die Patienten leiden dann nicht nur unter den Einschränkungen der Leberfunktion“, sagt Professor Dr. med. Dieter Häussinger von der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Denn die Zirrhose wirkt sich auch auf andere Organe aus: „Betroffen ist zum Beispiel auch das Gehirn“, erläutert der Experte: „Die Leber ist bei einer Zirrhose immer weniger in der Lage, Ammoniak und andere Substanzen aus dem Blut zu entfernen.“ Die Gifte stammen ursprünglich aus dem Darm, wo sie von Darmbakterien abgesondert werden. Über den Blutweg gelangen sie ins Gehirn.
„Viele Patienten mit Leberzirrhose entwickeln eine hepatische Enzephalopathie“, sagt Professor Häussinger. Der Beginn sei in der Regel schleichend. Anfangs sei die Konzentration gestört, die Aufmerksamkeit lasse nach, die Reaktionsfähigkeit nehme ab. Häufig ist auch die Feinmotorik gestört. Dies zeigt sich am starken Zittern der Hände. Bereits im Frühstadium ist bei vielen Patienten auch die Fahrtüchtigkeit herabgesetzt. „Unsere Studien haben gezeigt, dass Menschen mit hepatischer Enzephalopathie häufiger Fahrfehler begehen als andere, jedoch kann im Einzelfall die Fahrtauglichkeit trotzdem erhalten sein“, erläutert Häussinger, der im Rahmen des 118. Internistenkongresses die von ihm geleiteten Sonderforschungsbereiche 575 „Experimentelle Hepatologie“ und 974 „Leberschädigung und Regeneration“ sowie die Klinische Forschergruppe 217 „Hepatobiliärer Transport“ vorstellt.
Für den Experten steht fest, dass die hepatische Enzephalopathie für zahlreiche Verkehrsunfälle verantwortlich ist, auch wenn die Erkrankung in den Unfallstatistiken praktisch nicht auftaucht: „Exakte Zahlen über Verkehrsunfälle von Leberkranken gibt es in Deutschland nicht.“ Zwar machen Leitlinien für Erkrankungen wie Diabetes oder Epilepsie klare Vorgaben zur Teilnahme am Straßenverkehr. Leberzirrhosepatienten sind nach derzeitiger Gesetzeslage nur bei „Dekompensation mit Bauchwasserbildung“ fahruntüchtig. „Als Ärzte müssen wir dieses Problem wahrnehmen und den Patienten vermitteln, dass sie sich selbst und andere gefährden, wenn sie ihre Erkrankung ignorieren“, sagt DGIM-Präsident Professor Dr. med. Joachim Mössner vom Universitätsklinikum Leipzig. Oft sehen Patienten dies jedoch nicht ein. Auch dies könnte Folge der schleichenden Hirnvergiftung sein, die häufig mit einer Wesensveränderung einhergeht.
„Wir raten Patienten dringend, die Erkrankung frühzeitig zu behandeln. Eine effektive Therapie ist heute durch Laktulose und Antibiotika möglich“, sagt Professor Mössner. Der synthetische Zweifachzucker begünstigt das Wachstum von Darmbakterien, die Milchsäure statt Ammoniak produzieren. Laktulose beschleunigt zudem die Darmpassage und führt zu einer sogenannten osmotischen Diarrhoe. Dadurch bessere sich der Schweregrad der Enzephalopathie. Bei akutem Eiweißanfall im Darm, etwa durch Blutungen, helfen auch Laktuloseeinläufe. „Diese wirken wahrscheinlich eher über das Hervorrufen der Diarrhoe als über Stimulation der Laktobazillen“, sagt Professor Mössner. Ein Antibiotikum tötet schließlich die schädlichen Darmbakterien gezielt ab. Beide Mittel gelangen nicht vom Darm ins Blut. „Die Therapie kann ohne größere Risiken über längere Zeit fortgesetzt werden“, sagt Professor Mössner. Eine frühe Therapie sei vor allem deshalb wichtig, weil die Hirnschäden oft nicht umkehrbar sind – und auch die Fahrtauglichkeit gehe dauerhaft verloren.
Literatur: Gerald Kircheis, Anja Knoche, Norbert Hilger, Frank Manhart, Alfons Schnitzler, Horst Schulze, Dieter Häussinger. Hepatic Encephalopathy and Fitness to Drive. Gastroenterology. 2009; 137: 1706–15.e1-9;
Quelle: http://www.journalmed.de, Beitrag vom 5.3.2012