Beitragvon Süppchen » So 14. Okt 2012, 15:15
Tja, leider fehlen in D deutlich zu viele Spenderorgane und das ist das eigentliche Problem. Nicht umsonst gibt es Stimmen, die eine Wiederrufsregelung fordern (dazu zähl ich mich auch). So sollte also jeder ein potentieller Organspender sein und nur wenn er zu Lebzeiten dem widersprochen hat, kommt er nicht mehr in Frage. Wenn dann immer noch zu wenig Organe da sein sollten, kann man vielleicht sogar darüber nachdenken die Regelungen zu verschärfen indem man allen Personen, die der potentiellen Spende widersprochen haben im Krankheitsfall ein Organ verwährt wenn zu wenige vorhanden sind. Aber das ist natürlich ethisch schon grenzwertig.
Das mit dem Alkohol ist halt auch so eine Sache. Natürlich kann ich die Wut, Trauer und Ohnmacht nachvollziehen, die einen überkommt, wenn man eine schlimme Diagnose bekommt und dann evtl. zu lang auf ein Organ warten muß allerdings sollte man sich vor Augen führen, daß Menschen mit einer Alkoholkrankheit eben auch krank sind. Auch wenn man das in der Situation ungerne hören mag oder versucht zu argumentieren, daß Alkoholismus ja eigentlich keine wirkliche Krankheit sei sondern evtl. eine Willensschwäche.
Man stelle sich mal vor, wie man selbst reagieren würde, wenn die Gesellschaft bzw. Gesundheitssystem eine Behandlung gegen z.B. Depressionen verweigern würde und das mit der Begründung, daß dies ja keine wirklichen Erkrankungen seien sondern lediglich Willensschwäche. Ich denke hier gäbe es zurecht einen empörten Aufschrei.
Desweiteren muß man sich schon vor Augen halten, daß Alkoholiker i.d.R. auch nicht direkt auf eine Transplantationsliste gesetzt werden. Dies hat allerdings weniger damit zu tun, daß man die Personen bestrafen will oder "Erziehen" will (Wobei das schon lustig wäre..... Ich erziehe Dich zum nichttrinken indem ich Dir eine Therapie verweigere und Du stirbst.... Super... ein toller Erziehungserfolg.), sondern damit, daß es keinen Sinn macht eines der zu wenig vorhandenen Organe einem Menschen zu geben, bei dem es statistisch nichts nutzen wird, da es danach eh schnell wieder zerstört werden wird. Meines Wissens werden trockene Alkoholiker frühestens nach 1/2 bis 1 Jahr überhaupt erst auf die entsprechenden Listen gesetzt. Weiterhin muß ich aus eigener Erfahrung sagen (Hab mal auf ´ner NTX aushilfsweise gearbeitet) daß man durchaus schaut, welche Organe man vergibt. Jemandem mit schlechtem Lebenswandel würd man z.B. durchaus schonmal ein Organ geben, welches nicht mehr im optimalen Zustand ist (Klar, wenn´s nicht anders geht, bekommen auch Menschen ohne schlechten Lebenswandel mal ein suboptimales Organ). Aber wie gesagt, das sind Erfahrungen aus der NTX und ob das bei einer LTX genauso ist, vermag ich nicht zu beurteilen, wobei es sicherlich noch extremer ist, da weniger Organe vorhanden sind und die OP´s schon deutlich schwerer sind.
Alles in allem will ich eigentlich auf folgenden hinaus:
Ich kann nachvollziehen warum man meint ein alkoholkranker Mensch hat kein Anrecht auf eine adäquate medizinische Behandlung. Für ethisch richtig halte ich die Forderung jedoch nicht. Eine derartige Argumentation halte ich sogar für sehr verwerflich und gefährlich. Das Problem der fehlenden Organe darf nicht dadurch gelöst werden, daß bestimmte Gruppen von Menschen der Zugang zu selbigen verwährt wird (wie z.B. in England. Wenn man mit über 55 keine neue Niere mehr bekommt, egal warum man eine braucht.). Ziel muß es einfach sein die Anzahl der verfügbaren Organe so weit zu erhöhen, daß die Wartezeit des potentiellen Empfängers nicht so lange ist, daß diese häufig schon zum Tode oder weitern schweren Folgeschäden führt.
LG
Süppchen